Wie die Abwrackprämie zum Betrug einlädt
Bericht: Markus Schmidt, Kim Otto
Sonia Mikich: „Und fast wäre es passiert, fast hätten wir diese Sendung mit einem Lob an die Regierung begonnen. Willkommen bei MONITOR. Die Abwrackprämie, so jubelt es landauf, landab, ist eine brillante Beigabe in der Wundertüte namens „Konjunkturpaket“. Die alte Stink-Kiste verschrotten, 2.500 Euro Öko-Bonus einheimsen vom Staat und mit dem Neukauf etwas Gutes für Autobranche und Umwelt tun. Fast hätten wir gelobt. Aber dann musste sich MONITOR – wie so oft – Freundlichkeit verkneifen. Denn unser Team, Markus Schmidt und Kim Otto, hat eine Probefahrt gemacht. Mit dem Schrottauto nach Absurdistan.“
Michael Wacker: „klar ist das Schwachsinn. So gesehen ist das Schwachsinn. Einer wär ja froh, wenn er so ein Auto noch fahren könnte. Der hat ja erst 62.000 gelaufen.“
Mit ein paar Euros könnte er einen wieder flott machen und illegal verkaufen. Die Versuchung ist groß und die Gefahr aufzufliegen gering. Michael Wacker weiß genau, dass nun viele seiner Kollegen mit der neuen Verschrottungsprämie noch ein nettes kleines Zusatzgeschäft machen werden.
Michael Wacker: „Das ist eine Einladung zum Betrug. Kundenbetrug. Die sich das ausgedacht haben, das sind für mich Schreibtischtäter.“
Einladung zum Betrug? Wir machen die Probe aufs Exempel. Der Held in unserer Geschichte ist dieser zugegeben etwas „heruntergekommene“ alte Daimler, Baujahr 94, ein altes Taxi. Um die 2.500 Umweltprämie kassieren zu dürfen, muss er zu 85 Prozent in Deutschland recycelt werden, so schreibt es die Altauto-Verordnung vor. Aber reichen die Kontrollen, um Betrug zu verhindern? Das wichtigste Dokument in unserer Geschichte ist der Fahrzeugbrief. Wer ihn in den Händen hält, gilt als Eigentümer und kann nun jede Menge damit anstellen.
Stefan Manke, Autoverwerter: „Einige schwarze Schafe werden das nach wie vor nutzen, mit geringer krimineller Energie kann man da schnell zum Erfolg kommen.“
Schaffen wir das mit dieser alten Kiste? Sie gehört Wolfgang Weiß. Um die Prämie zu kassieren, muss er die Kopien der Papiere seines alten Daimlers und die des neugekauften Autos einreichen und er braucht den Verwertungsnachweis, unterschrieben hier von Schrotthändler Manke.
Stefan Manke, Autoverwerter: „So, mit dem Formular und Ihren Fahrzeugpapieren gehen Sie dann zur Zulassungsstelle, melden das Fahrzeug ab, und dann kann’s weitergehen.“
Und jetzt kommt die entscheidende Hürde. Eigentümer Weiß meldet den Wagen bei der Kfz-Zulassungsstelle ab. Wenn hier jetzt der Fahrzeugschein – und insbesondere der Brief – einbehalten werden oder wenigstens ungültig gestempelt werden, wäre unser Versuch schnell zu Ende. Aber so eine bundesweit zwingende Vorschrift gibt es nicht. Das Einfallstor für den Betrug. Wir drehen verdeckt.
Gedächtnisprotokoll/Stimme nachgesprochen: „Wir haben hier mit der Umweltprämie nichts zu tun. Auf ihren Verwertungsnachweis machen wir nur einen amtlichen Stempel – mehr machen wir hier nicht.“
Also erhält Wolfgang Weiß Schein und Brief zurück, ohne dass darauf zu erkennen wäre, dass das Auto in Deutschland recycelt werden muss.