Am 21.06.2016 war es soweit – die Möglichkeit des Widerrufs von Altverträgen im Rahmen von Immobilienfinanzierungen (Verbraucherdarlehen) erlosch.
Bereits im Vorfeld fanden sich verschiedenste Meinungen, wann genau der letztmögliche Zeitpunkt für den Widerruf war. Die einen erklärten den 20.06.2016, 23:59 Uhr, die nächsten den 21.06.2016, 17:00 und die Dritten den 21.06.2016, 23:59 Uhr als letzte Widerrufsmöglichkeit.
Nach unserer Auffassung erlosch das Widerrufsrecht mit Ablauf des 21.06.2016 – jeder im Laufe des Tages des 21.06.2016 erklärte Widerruf war also noch rechtzeitig!
Wie aber leider auch nicht anders zu erwarten, kamen postwendend nach dem 21.06.2016 die ersten Ablehnungen der Banken (so u. a. Sparkassen oder die BW Bank bzw. die LBBW) mit Verweis auf das vermeintliche Erlöschen des Widerrufsrechts, wenn ein Darlehensnehmer tatsächlich den Widerruf erst am 21.06.2016 erklärt hatte.
Zuspruch erfuhren die Banken sodann auch noch von Professor Omlor, der von dem Erlöschen des Widerrufsrechts mit Ablauf des 20.06.2016 ausging (NJW 2016, 1267 f.) und einem Urteil des Landgerichts Stuttgart (LG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2017 – 25 O 259/16), das die Ausführungen von Omlor ohne eigene Wertungen übernahm.
Glücklicherweise hat nun das Oberlandesgericht Stuttgart diesem unseres Erachtens fatalen Urteil des Landgerichts Stuttgart eine klare Absage erteilt und mit in einem Hinweisbeschluss klargestellt, dass nach seiner vorläufigen Auffassung nicht mit Ablauf des 20.06.2016 ein etwaiges Widerrufsrecht erlischt, sondern erst mit Ablauf des 21.06.2016 und dass ein solcher Widerruf auch nicht innerhalb der jeweiligen Geschäftszeiten des Widerrufsempfängers, als der jeweiligen Bank, zugehen musste (OLG Stuttgart, Beschluss vom 24. Februar 2017 – 6 U 35/17).
Die Gründe für die richte Auffassung des Oberlandesgerichts liegen auf der Hand. Im Wortlaut des Art. 229 § 38 Abs. 3 S. 1 EGBGB heißt es, dass das Widerrufsrecht „spätestens drei Monate nach dem 21. März 2016“ erlöschen soll. Die dreimonatige Frist beginnt also „nach“ dem 21. März, also mit Beginn des 22. März und endet somit bei Anwendung der §§ 187 Abs. 2 S. 1, 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf des 21. März 2016.
Überdies benennt die amtliche Begründung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 18/7584, S. 146) ausdrücklich das Erlöschen „mit Ablauf des 21. Juni 2016“. Eine andere Auslegung des Gesetzgeberwillens ist bereits aus diesem Grunde unseres Erachtens willkürlich.
Und schließlich geht selbst das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom 16.06.2016 (1 BvR 873/15) wie selbstverständlich von einem Erlöschen des Widerrufsrechts erst mit Ablauf des 21.06.2016 aus
Auch die Geschäftszeiten der Bank spielen in der Konsequenz keine Rolle für die Frage des Erlöschens des Widerrufsrechts am 21.06.2016. Für die Frage der Rechtzeitigkeit des Widerrufs ist auf die Ausübung des Widerrufs und nicht auf den Zugang von diesem abzustellen. Gemäß § 355 Abs. 1 S. 5 BGB wird der Widerruf bereits mit Absendung der Widerrufserklärung ausgeübt, so dass dies auch bei Erlöschen des Rechts gelten muss (so auch Palandt/Grüneberg, a. a. O., Art. 229 § 38 EGBGB, Rn. 5 a. E.).
Diese unnötige Streitfrage scheint also geklärt – natürlich vorbehaltlich einer konträren Entscheidung des Bundesgerichtshofes. Ob dieser überhaupt einschreiten muss, bleibt aber offen. Noch ermangelt es hierzu nach unserer Kenntnis sowohl an einer obergerichtlichen Entscheidung noch an einer Revision.
Verbraucher, die am 21.06.2016 ihren Immobilien-Darlehensvertrag widerrufen haben, dürften durch diese Entscheidung des Oberlandesgerichts gestärkt sein und neuen Mut für ein weiteres Vorgehen gegen die Bank schöpfen.
Rechtsanwalt Heinrich von der Kanzlei LoschelderLeisenberg vertritt Mandanten bei der Durchsetzung ihrer Rechte aus Darlehenswiderrufen und steht Verbrauchern bei etwaigen Fragen und zur Durchsetzung ihrer Rechte zur Verfügung.
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