Widerruf von Lebensversicherungen oder Rentenversicherungen
Versicherungsnehmer können eingezahlte Prämien zuzüglich Anspruch auf Zinsen (4 bis 7 %) zurückfordern.
Haben Sie zwischen dem 1. Juli 1994 und dem 31. Dezember 2007 eine Lebens-, Renten-, Berufsunfähigkeits- oder Risikolebensversicherung abgeschlossen (Verträge nach dem „Policenmodell“ ab dem 1. Januar 1995) und würden diesen Abschluss gerne wieder rückgängig machen? Dann sollten Sie Ihre Police einmal genau ansehen, denn in diesem Zeitraum wurde in Millionen von Verträgen die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ausgewiesen.
Worauf sollten Sie achten?
Die Widerrufsbelehrungen (Rücktrittsrecht) wurden oftmals gar nicht ausgehändigt oder enthalten formale Fehler. Dazu zählt beispielsweise die Formulierung, dass das Widerrufsrecht nach Ablauf eines Jahres nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, auch wenn der Versichterte bei Abschluss des Vertrages nicht alle Unterlagen erhalten hat. Auch wenn Sie nicht darüber informiert wurden, wohin Sie Ihren Widerruf schicken sollen, wenn der Rückruf im Text typografisch nicht deutlich sichtbar hervorgehoben wurde oder (gilt für Verträge ab 2002) in denen nicht auf die „Textform“ hingewiesen wurde (mit der „Textform“ ist auch eine E-Mail ausreichend), können Sie nachträglich von Ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen.
Widerruf oder Kündigung?
Auf jeden Fall sollten Sie widerrufen, wenn Sie sich für eine Rückabwicklung entschieden haben. Auch wenn Sie Ihre Versicherung bereits gekündigt oder beitragsfrei gestellt haben, können Sie den Widerruf noch einreichen.
Wenn Sie Ihren Vertrag lediglich kündigen, haben Sie nur Anspruch auf den Rückkaufswert, der bei rund der Hälfte der eingezahlten Beiträge liegt.
Wenn die Versicherungsgesellschaft Ihrem Widerspruch zustimmt, ist der Vertrag von Anfang an unwirksam und Sie können eingezahlte Prämien zurückverlangen und Ihren Anspruch auf Zinsen geltend machen. Allerdings darf der Versicherer die Kosten für den Versicherungsschutz (Beispiel Berufsunfähigkeit oder Todesfall) während der bisherigen Laufzeit von den Beiträgen abziehen.
Den Widerruf Ihres fehlerhaften Vertrages sollten Sie schriftlich per Einschreiben mit Rückschein einreichen. (Einen Mustertext finden Sie weiter unten.) Achten Sie auf die Formulierung! Es ist ein Widerspruch, keine Kündigung!
Sollte die Versicherung Ihren Widerspruch nicht anerkennen, sollten Sie einen Anwalt einschalten.
Musterschreiben für Ihren Widerruf
Ort, Datum
Betr. Widerspruch ab Beginn gemäß Entscheidung des BGH (IV ZR 76/II) vom 7. Mai 2014
Angabe Ihrer Versicherungsnummer
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit widerspreche ich meinem oben genannten Vertrag ab Vertragsbeginn (Datum). Der Grund: Bei der Zusendung der Vertragsunterlagen erhielt ich von Ihnen keine korrekte Belehrung über das Widerspruchsrecht.
Ich bitte Sie, meine bislang eingezahlten Beiträge abzüglich der Kosten für den bislang in Anspruch genommenen Versicherungsschutz zuzüglich 4 % Zinsen pro Jahr auf mein Konto zurückzuüberweisen. Bitte erläutern Sie mir, welche Kosten Sie in Abzug bringen und wofür diese entstanden sind.
Nach der o.g. Entscheidung des Bundesgerichtshofes steht mir ein unbefristetet Widerspruchsrecht zu, da ich keine korrekte Widerspruchsbelehrung bekommen habe.
Da Sie mit meinen bisher geleisteten Beiträge Erträge erwirtschaftet haben, mache ich nach § 818 Abs. 1 BGB meine o.g. Zinsforderungen geltend.
Bitte überweisen Sie den Beträg bis zum (3 Wochen Frist) auf mein Konto bei der ……. (Bankverbindung bitte mit BIC und IBAN angeben).
Ich weise Sie noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei meinem Schreiben um einen Widerspruch, nicht um eine Kündigung des Vertrages handelt.
Unterschrift
Widerspruch auf jeden Fall?
Natürlich sollten Sie Ihre Entscheidung genau überdenken, insbesondere bei Policen mit hoher Garantieverzinsung (bis zu 4 %). Sollten Sie allerdings das Geld dringend benötigen oder die Prämien nicht mehr zahlen können, können Sie mit dem Widerspruch Ihre eingezahlten Beträge wieder zurückerhalten.