BGH: Verbraucher können ihren Immobilienkredit kündigen ohne die Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen
Deutschlands oberstes Zivilgericht – der Bundesgerichtshof (BGH) – hat in einer Kreditfrage verbraucherfreundlich entschieden: Wer seinen Immobilienkredit vorzeitig kündigen will, etwa weil die Immobilie verkauft wird, muss unter umständen keine Vorfälligkeitsentschädigung (VFE) zahlen. Diese Entschädigung fällt an, wenn der kreditgebenden Bank durch die vorzeitige Beendigung des Kredites die Zinsen entgehen – und kann mehrere tausend Euro betragen.
Tausende Kreditverträge ab März 2016 fehlerhaft
Der Anspruch der Bank auf eine Vorfälligkeitsentschädigung entfällt, wenn die Klausel zur Berechnung dieser VFE unvollständig ist oder unverständlich für den Verbraucher formuliert wurde. Das betrifft Verträge für Immobilienkredite, die die ab dem 21. März 2016 geschlossen wurden. Diverse deutsche Banken haben in diesen Kreditverträgen zur Baufinanzierung nicht deutlich genug erklärt, wie die möglichweise fällige VFE genau berechnet wird, sollte der Verbraucher den Vertrag vorzeitig kündigen. Damit enthalten tausende Kreditverträge diese mangelhafte und angreifbare Klausel zur Vorfälligkeitsentschädigung.
Zuerst hatte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/Main in einem Verfahren gegen die Commerzbank erklärt, dass die Formulierungen zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung in den Kreditverträgen „klar, prägnant, verständlich und genau“ sein müssen (Az.: 17 U 810/19). Dieser Ansicht stimmte auch der BGH zu und stärkt damit die Rechte von Kreditnehmern (Az.: XI ZR 320/20).
Vorfälligkeitsentschädigung kann zurückgefordert werden
Von diesen positiven Entscheidungen profitieren aber nicht nur Bankkunden, die ihren Kredit jetzt beenden wollen – sondern auch Verbraucher, die ihren Kreditvertrag bereits gekündigt und eine VFE gezahlt haben. Denn: Lässt sich der Mangel im Kreditvertrag feststellen, kann die gezahlte VFE zurückgefordert werden, da sie zu Unrecht an die Bank gezahlt wurde. Allerdings ist das aufgrund der dreijährigen Verjährung nur noch bei Kreditverträgen möglich, die 2018 oder später gekündigt worden sind.
Verbraucher, die nach dem 21. März 2016 einen Immobilienkredit abgeschlossen haben, sollten sich jetzt anwaltlich beraten lassen. Ein Anwalt kann den Kreditvertag auf die Mängel hin prüfen und dann in Kontakt mit der kreditgebenden Bank treten. So sparen sich Kreditnehmer die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung oder können sich eine bereits gezahlte VFE zurückerstatten lassen.