EON: Fernwärmeversorgungsunternehmen dürfen einseitig Preisänderungsklauseln ändern durch öffentliche Bekanntgabe.
Herr Peter S. schrieb uns am 19.7.2022:
Subject: Frage
Sehr geehrte Frau Lauckenmann,
ich oder sagen wir besser die ganze Straße, haben von EON die Heizkostenabrechnung für 2021 bekommen. Ich schildere Ihnen mal meinen Fall:
Ich habe ungefähr gleich viel verbraucht wie im Jahr davor, muss 1.100 EUR nachzahlen und der monatliche Abschlag steig von 240 EUR auf 390 EUR. An sich bin ich noch gut dabei, die anderen hat es noch weit schlimmer erwischt.
Die Frage ist nun:
2021 gab es ja nicht die Preiserhöhungen wie im Moment. Kann EON ohne jegliche Vorwarnung das so verlangen?
Für eine kurze Mitteilung wäre ich Ihnen dankbar.
Herzliche Grüße
Peter S.
Wir schrieben am 22.7.2022
Guten Morgen Herr S.
ich habe Ihren Vertrag von unserem Partner „Wechselpilot“ prüfen lassen. Der Geschäftsführer schrieb mir:
„Ich habe mir den Vertrag angesehen und die Verträge in diesem Segment sind leider oftmals sehr intransparent dargestellt, weil eine Preisformel hinterlegt ist. Diese findet sich auf der letzten Seite. Für den Bürger kaum zu verstehen!
Nach der Formel und speziell wegen dem Term (40% Index Börsennotierungen), ist dieser von 83,2 (2019) auf 240,1 (2021) gestiegen, wodurch die Mehrkosten erklärt werden können. Das Problem besteht darin wie sich dieser Wert ergibt?
Dies ist in den ergänzenden Bedingungen der EON geregelt. Liegen Ihnen diese vor?
Die Preise sind in 2021 für Gas schon gestiegen, jedoch in 2022 deutlich stärker. Deshalb macht es definitiv Sinn die ergänzenden Bedingungen unter die Lupe zu nehmen.“
Herr S. schrieb daraufhin:
Liebe Frau Lauckenmann,
die ergänzenden Bedingungen von EON liegen mir leider nicht vor. Ich wäre schon an einer Prüfung interessiert, zumal es hier nicht nur um mich geht, sondern um alle Nachbarn.
Da wurden zum Teil Nachforderungen von 1.700 EUR erhoben und ein monatlicher Abschlag von 500 EUR, vorher 230 EUR.
Wie komme ich jetzt an die ergänzenden Bedingungen?
Viele Grüße
Peter S.
Wir schrieben am 26.7.22 an EON, Herrn Leonhard Birnbaum (Vorsitzender), und baten um Übersendung der Bedingungen. Wir erhielten keine Antwort und erinnerten EON am 3.8.22. Am 8.8.22 erhielten wir die nachstehende Antwort:
Guten Tag, Frau Lauckenmann,
wir bedanken uns für Ihre Nachricht.
Am 01.08.2022 haben wir Herrn S. unsere Antwort direkt zugeschickt, da uns keine Vollmacht von Ihnen vorlag. Unsere Antwort müsste somit inzwischen vorliegen.
Wir schrieben Herrn S.:
Guten Morgen S.,
die nachstehende Information erhielt ich von EON.
Was hat EON Ihnen geschrieben? Wurde der Vorgang zu Ihrer Zufriedenheit erledigt?
Herr S. antwortete:
Hallo Frau Lauckenmann,
anbei nun das Schreiben von EON, sowie die ergänzenden Bedingungen.
Was EON im Anschreiben schreibt (bezgl. der reinen Zahlen) stimmt ja mit der Abrechnung überein. Das Problem, was ich sehe, allerdings nicht beurteilen kann, ist der erwähnte Anstieg der Preise von 83,2 auf 240,1. Ich nehme an, dass es sich da um Börsennotierungen handelt, die gestiegen sind, denn 2021 war ja Ukraine oder Gasknappheit noch keine Rede.
In den ergänzenden Bedingungen sind unter Punkt 5 die Börsennotierungen erwähnt, damit scheint es rechtens zu sein. Wirklich abschließend beurteilen kann ich es aber nicht.
Wie ist Ihre Einschätzung?
Noch ein Hinweis:
Die Bemerkung von EON im Anschreiben, dass sie uns am 27.10.2021 informiert haben stimmt. Damals kam für alle hier völlig überraschend ein Schreiben, ob wir nicht freiwillig eine Sonderzahlung leisten wollen, weil eine Erhöhung ins Haus steht. Hat aber niemand gemacht.
Ich habe noch eine Zusatzinformation:
Unter den Betroffenen ist eine Richterin, die folgendes recherchiert hat:
Es sieht danach aus, dass EON die zusätzlichen Bedingungen nie verteilt hat. Die Juristin hat folgendes geschrieben:
Allgemeine Vertragsbedingungen können meines Erachtens grundsätzlich nicht einseitig geändert werden, es sei denn durch gesetzliche Vorschriften seien Änderungen erforderlich.
Ich habe noch die alten ergänzenden Bedingungen der Favorit aus dem Jahre 1990 im Ordner. Da gab es noch keinen Faktor Index „Erdgas, Börsennotierungen“.
Dieser Faktor ist von innogy bei der Anhebung der Preise erstmalig für das Jahr 2018 berücksichtigt worden. Noch für das Jahr 2017 hat innogy nur einen allgemeinen Kostenfaktor Erdgas bei der Veränderung der Kostenfaktoren berücksichtigt.
Ich habe Zweifel, ob Innogy und EON berechtigt waren, einseitig den Kostenfaktor Gas aufzusplitten in Faktor Index „Erdgas, bei Abgabe an Handel und Gewerbe“ und Index „Erdgas, Börsennotierungen“. Ich muss mich aber noch näher damit beschäftigen und werde Ihnen dann das Ergebnis meiner Recherche mitteilen. Es scheint ja gerade der Index „Erdgas, Börsennotierungen“ zu sein, der zu der erheblichen Kostensteigerung geführt hat.
Sie wird weiter recherchieren, wenn ich Ergebnisse hat, melde ich mich.
Gruß
Peter S.
Wir schrieben:
Sehr geehrter Herr S.
wir beschäftigen leider keine Anwälte und dieser Vorgang würde jetzt meine Kompetenzen überschreiten.
Ich hoffe, dass Sie mit Hilfe der Anwältin doch noch vorankommen und würde mich freuen, wenn Sie mich informieren würden.
Herr S. schrieb am 11.8.22:
Liebe Frau Lauckenmann
Wir haben das jetzt juristisch prüfen lassen:
Innogy, der Nachfolger der Favorit, hat die ergänzenden Bedingungen 2018 einseitig geändert (Es wurde bei der Preisanpassung der Index „Erdgas, Börsennotierungen“ aufgenommen).Wir hatten die Hoffnung, dass diese Einseitigkeit nicht rechtens ist, sondern dass die ergänzenden Bedingungen nur in gegenseitigem Einverständnis geändert werden dürfen. Es gibt allerdings Rechtsprechungen, die überwiegend der Ansicht sind, dass Fernwärmeversorgungsunternehmen einseitig Preisänderungsklauseln ändern dürfen durch öffentliche Bekanntgabe. Der Bundesgerichtshof hat am 26.1.22 entschieden, dass Fernwärmeversorgungsunternehmen Preisänderungsklauseln einseitig ändern dürfen. Im September 2021 ist geregelt worden, dass Fernwärmeversorgungsunternehmen Preisänderungsklauseln nicht einseitig durch öffentliche Bekanntmachung ändern dürfen. EON hat aber dieselbe Preisänderungsklausel wie vorher seit 2018 Innogy benutzt.
Wir haben weiterhin geprüft und festgestellt, dass die Preise von EON im Bereich anderer Fernheizwerke in HH liegen, da gibt es kaum Unterschiede.
Damit haben wir keine rechtliche Handhabe gegen die Nachzahlung vorzugehen.
Ich werde den Sachverhalt EON entsprechend mitteilen. Das Mail an EON schicke ich Ihnen in Kopie.
Vielen Dank für Ihre Mühe und herzlichen Gruß
Peter S.
Wir schrieben:
Lieber Herr S.,
vielen Dank für Ihre Information.
Wir werden den Vorgang ohne Nennung Ihres Namens veröffentlichen, damit auch andere Verbraucher informiert sind.
Verbraucherschutz.de rät den Verbrauchern, sich bei Unstimmigkeiten in den Strom- oder Gasrechnungen oder bei dem Wunsch auf Wechsel des Anbieters an Wechselpilot zu wenden:
verbraucherschutz.de/wechselpilot/
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