Massive Absatzprobleme haben in der letzten Wochen dafür gesorgt, dass die Einführung des umstrittenen Biosprits E10 vorerst gestoppt wurde. Bundeswirtschaftsminister Brüderle hat deshalb für Dienstag zum «Benzin-Gipfel» nach Berlin geladen.
Obwohl der Biokraftstoff mit zehn Prozent Bio-Ethanol für mehr als 90 Prozent aller Fahrzeuge geeignet ist, war die Verunsicherung an den Zapfsäulen groß. Die Autofahrer wichen lieber auf teure Alternativen wie Super Plus aus. Hier wiederum wurden die Bestände langsam knapp, deshalb zog die Mineralölbranche nun die Notbremse: Vorerst wird E10 nicht an weiteren Tankstellen eingeführt. Wo es das E10 bereits gibt, kann dies natürlich auch weiterhin getankt werden.
Das Verhalten der Autofahrer hat die Branche kalt erwischt. Bis zu 70 Prozent verschmähen E10, das das frühere Super-Benzin ablöst. Die stattdessen viel häufiger als früher getankte Sorte Super Plus kann die Riesen-Nachfrage aber wegen viel kleinerer Tanks unter den Zapfsäulen und aus technischen Gründen nicht decken.
Mit eindringlichen Worten verteidigte Klaus Picard, Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV), das vorläufige Aussetzen der weiteren Einführung: „Das System platzt sonst“. Während derzeit die kleineren Tanks mit Super Plus unter den Zapfsäulen drei- bis viermal täglich wieder aufgefüllt werden müssen, schlummert das E10 nahezu unberührt in den größeren Tanks vor sich hin. Die ersten Raffinerien müssten schon bald gedrosselt werden, weil die E10-Tanks sonst überlaufen.
Die Energie-Expertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert sieht den Einführungsstopp des neuen Kraftstoffs E 10 negativ. “Dieser Einführungsstopp ist nicht akzeptabel. Wir brauchen den Biokraftstoff E 10, denn wir müssen dringend wegkommen vom Öl”, sagte Kemfert der “Rheinischen Post” und kritisierte gleichzeitig die Bundesregierung für ihre schlechte Informationspolitik und die Mineralölwirtschaft für ihre mangelhafte Vorbereitung.
Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) kritisierte im Gegenzug, dass die Branche nicht ausreichend an Tankstellen für den neuen Biosprit geworben habe. In anderen Ländern wie Frankreich hat die E10-Einführung reibungsloser geklappt.
Für die Vorsitzende des Bundestags-Umweltausschusses, Eva Bullig-Schröter (Linke), ist E10 „ein Rohrkrepierer“, nicht nur an den Tankstellen, sondern auch im Klimaschutz. „Die Bundesregierung muss die E10-Einführung aussetzen und in der EU für ein Moratorium werben, um die Erfahrungen der Einführungsphase auszuwerten und noch einmal eine ehrliche Öko-Bilanz vorlegen zu können.“
Für alle Autofahrer, die wissen möchten, ob ihr Fahrzeugmodell E1o verträgt, hat die Deutsche Automobil Treuhand GmbH eine Übersicht herausgegeben.
http://www.dat.de/e10liste/e10vertraeglichkeit.pdf