Die EU-Kommission plant eine Revision der EU-Fluggastrechte zu Lasten der Verbraucher.
Unter anderem sollen Entschädigungen erst ab 5 statt bisher 3 Stunden fällig werden. Zudem sollen Flugverspätungen und -ausfälle aufgrund von technischen Defekten nicht länger zu Entschädigungen berechtigen. Diese und weitere geplante Maßnahmen würden die Rechte von mehreren hundert Millionen Fluggästen in ganz Europa beeinträchtigen.
Aufgrund dessen hat AirHelp gemeinsam mit dem Verband der Vertreter für Fluggastrechte (APRA) und dem Marktforschungsunternehmen YouGov eine repräsentative Umfrage unter mehr als 10.000 EU-Bürgern zu diesem Thema durchgeführt. Demnach lehnen die Verbraucher in Europa die drohende Schwächung der Fluggastrechte ab. Flugreisende sind sogar dazu bereit, höhere Ticketpreise in Kauf zu nehmen, um die Beschneidung der Verbraucherrechte in Europa zu verhindern.
Umfrage zur EG 261-Revision bestätigt: Verbraucher wollen stärkere Fluggastrechte
• Verbraucher aus Deutschland lehnen laut einer repräsentativen YouGov-Umfrage die drohende Schwächung der Fluggastrechteverordnung entschieden ab
• Airlines müssen aus Sicht der Reisenden weiterhin für technische Fehler haften
• Mehrheit der Verbraucher würde Aufpreise zahlen, wenn die Fluggastrechte von den Konzernen dadurch eingehalten werden
Die Europäische Fluggastrechteverordnung EG 261 besteht seit über 15 Jahren und gilt als ein Musterbeispiel des erfolgreichen Verbraucherschutzes. Aktuell sieht sich die Verordnung jedoch einer seit 2013 geplanten, veralteten Revision erneut bedroht, welche 80 Prozent der bestehenden Verbraucherrechte streichen will. Einer repräsentativen YouGov-Umfrage im Auftrag des Verband der Vertreter für Fluggastrechte (APRA) zufolge ist die Verordnung in Deutschland und Europa jedoch überaus beliebt. Eine Schwächung ihrer Rechte lehnen Verbraucher entschieden ab.
Mehrheit der Deutschen unterstützt die Verordnung und wünscht sich eine Stärkung
Insgesamt 85 Prozent der befragten Reisenden aus Deutschland unterstützen die EG 261 und sprechen sich gegen die geplanten Änderungen aus. Europaweit ist die Zustimmung mit durchschnittlich 91 Prozent sogar noch höher. Nur neun Prozent der Verbraucher aus Deutschland würden die aktuellen Änderungsvorschläge hingegen begrüßen.
Mehr als zwei Drittel der deutschen Befragten (70 Prozent) sind zudem der Meinung, dass das Limit für Verspätungen zu hoch angesetzt ist und reduziert werden muss. Mehr als ein Drittel (35 Prozent) spricht sich dabei für eine Entschädigung nach einer einstündigen Verspätung aus. Aktuell sind Airlines dazu verpflichtet, ihren Passagieren eine selbst verursachte Verspätung ab drei Stunden angemessen zu entschädigen. Sollte die anstehende Revision wie geplant durchgesetzt werden, würde das Limit für Verspätungen auf mindestens fünf Stunden angehoben werden.
Airlines sollen für technische Fehler verantwortlich bleiben
Im Zuge der Revision bietet sich für die Airlines die Möglichkeit, technische Probleme am Flugzeug künftig als einen außerordentlichen Umstand zu deklarieren. Flüge, die sich durch diese Umstände – wie bspw. schlechtes Wetter – verspäten oder ausfallen, werden von Entschädigungszahlungen ausgenommen. Die Verbraucher stimmen hier jedoch mit der ursprünglichen Regelung der EG 261 überein und sehen die Verantwortung klar bei den Fluggesellschaften: 81 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Konzerne für den Zustand ihrer Flugzeuge verantwortlich und dafür zur Rechenschaft zu ziehen sind.
Passagiere würden Aufpreis für Einhaltung ihrer Rechte bezahlen
Laut der Umfrage würden 85 Prozent der befragten Reisenden sogar einen Aufpreis zahlen, damit ihre Fluggastrechte von den Airlines eingehalten werden. Über 60 Prozent wären bereit, bis zu zehn Euro zusätzlich in die Hand nehmen, damit die Airlines die Entschädigungen bei selbst verschuldeten Verspätungen und Ausfällen pflichtgemäß auszahlen. Wie häufig die Fluggesellschaften die Entschädigungen verweigern, zeigt eine Studie, der zufolge die fälligen Forderungen in 58 Prozent aller Fälle zunächst zu Unrecht abgelehnt werden. Dabei sind sie laut der aktuellen EG 261 gesetzlich zur Auszahlung verpflichtet.
Das sind die geplanten Änderungen
Die Änderungsvorschläge der EG 261 zielen im wesentlichen auf zwei Bereiche ab: Zum einen soll die Schwelle für Entschädigungen bei durch Fluggesellschaften verursachten Verspätungen von drei auf fünf bis zwölf Stunden – je nach Distanz – angehoben werden. Das hätte zur Folge, dass 80 Prozent der von Verspätungen betroffenen Fluggäste künftig ohne Rechtsschutz dastehen. Das entspricht rund 900 Millionen Reisenden. Zum anderen schafft die Revision für Airlines die Möglichkeit, technische Probleme als einen außergewöhnlichen Umstand zu deklarieren. Sollte ein Flug sich aufgrund unsachgemäßer Wartung deutlich verspäten oder sogar ausfallen, müsste die Airline ihre Passagiere demnach nicht mehr dafür entschädigen.
Über die Umfrage
Die verwendeten Daten basieren auf einer YouGov-Umfrage, an der insgesamt 10.629 Personen zwischen dem 2. und 10. März 2020 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind nach Alter, Geschlecht und Region repräsentativ für die Bevölkerung der zehn bevölkerungsreichsten Länder der EU (Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Polen, Rumänien, Niederlande, Belgien, Griechenland und Tschechien). In Deutschland wurden insgesamt 2.041 Personen befragt.
Über die APRA
Die Association of Passenger Rights Advocates (APRA) wurde 2017 gegründet, um eine einheitliche Stimme zum Schutz von Fluggästen auf europäischer Ebene zu schaffen. Die APRA hat sich zum Ziel gesetzt, Fluggäste einen maximalen Schutz zu gewährleisten. Der Verband führt einen aktiven konstruktiven Dialog mit den europäischen und nationalen Institutionen sowie mit Fluggesellschaften, Flughäfen, nationalen Durchsetzungsstellen und anderen wichtigen Interessengruppen.
Die APRA bietet eine Kombination aus soliden Daten, eingehenden Analysen und kollektivem Know-how, um die politischen Entscheidungsträger zu informieren und das Interesse der europäischen Fluggäste zu fördern. Zu den Gründungsmitgliedern der APRA gehören AirHelp, EUclaim und Reclamador.
Anmerkung:
Ein Vergleich von Flugproblemen in den USA (wo es nach 3 Stunden Verspätung keinerlei Entschädigung gibt) und in Europa zeigt: aufgrund des fehlenden Anreizes für Fluggesellschaften Verspätungen zu vermeiden, sind dort teilweise bis zu dreimal so viele lange Verspätungen wie in Europa zu sehen! Es lässt also vermuten, dass hierzulande ähnliche Zustände zu erwarten sind, sollte die gesetzliche Verpflichtung zur Passagierentschädigung nach 3 Stunden wegfallen.
Neben dem Wegfall des Schutzes für bis zu 80% der Reisenden müssen in der EU mit bis zu 10 Millionen Passagieren gerechnet werden, die ein Flugproblem haben, das mit den derzeit starken Regeln hätte vermieden werden können. Das kann nicht im Interesse der Politiker sein…
Verbraucherschutz.de schrieb am 25.4.2020 an Frau Christine Lambrecht (Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz) und Frau Ursula von der Leyen (Präsidentin der Europäischen Kommission):
VD Verbraucherschutz Deutschland online e.V. mit seiner Internetseite Verbraucherschutz.de, setzt sich sehr konsequent und erfolgreich für die Rechte der Verbraucher ein.
In vielen Artikeln habe wir bereits über die Fluggastrechte berichtet.
Der Vorschlag der EU-Kommission, Entschädigungen für Verspätungen erst ab 5 statt bisher 3 Stunden, sowie bei technischen Fehlern der Airline Entschädigungszahlungen ganz auszunehmen, stellt eine deutliche Benachteiligung der Verbraucher dar.
Dass laut Umfrage des Marktforschungsunternehmens YouGov die befragten Verbraucher die geplanten Änderungen der Fluggastrechteverordnung ablehnen ist nur verständlich.
Die drohende Schwächung der Fluggastrechteverordnung lehnen wir ebenfalls ganz entschieden ab.
Bitte lesen Sie hier das Serviceversprechen von Airhelp: